Wenn Frauen gründen: Gleichstellung in der Designbranche

Allgemein

Auch wenn die Anzahl weiblicher Firmengründerinnen in den letzten Jahren zugenommen hat, so gründen derzeit dennoch weitaus weniger Frauen als Männer. In Deutschland beispielsweise sind nur rund 15% der Start-up Gründer:innen weiblich. Und auch in der noch immer männerdominierten Designbranche sieht es ähnlich aus: Weltweit werden nur etwa 1% der Kreativ-Unternehmen von Frauen geführt.

Das wollen wir ändern! Denn frauengeführte Start-ups sind in der Regel sogar stabiler und nachhaltiger. Ein gutes Beispiel dafür ist die Designerin Carolin Hacker mit ihrem Möbellabel architect mum.

Über die Anfänge ihrer Gründungszeit, was ihre Entwürfe einzigartig macht und wie und warum mehr junge Designerinnen den Schritt in die Selbstständigkeit wagen sollten, erzählt Caro in diesem Interview:

Die Gründungsidee für ein Möbellabel habe ich eigentlich schon länger mit mir herumgetragen. Ursprünglich wollte ich dabei ganz seriös und Schritt für Schritt vorgehen.

Vor meiner Schwangerschaft war ich in einem klassischen Architekturbüro angestellt und dort vor allem zuständig für große Projekte, wie Kliniken. Schnell habe ich allerdings gemerkt, dass meine Liebe mehr im Detail liegt, in kleinen als in großen Maßstäben. In den Anfängen meiner Elternzeit habe ich mich dann viel mit Kinderthemen beschäftigt und daraus entstand der Plan für eine Kindermöbelserie.

Gegründet habe ich allerdings schließlich mit einer von Hand gezeichneten Kindermesslatte für meine Tochter. Diese habe ich auf Instagram gestellt und so hat Angebot und Nachfrage meine Gründung geregelt. Später habe ich mich dann in Richtung meiner Kernkompetenz entwickelt: Kindermöbel.

Grundsätzlich versuche ich so wenig Materialien wie möglich einzusetzen und arbeite auch kaum mit einem Materialmix. Meine Gestaltungssprache wird so eher schlicht, ruhig und zeitlos.

Das fügt sich gut ein in mein nachhaltiges Gesamtkonzept, denn umso zurückhaltender und klarer desto länger kann man ein Möbelstück verwenden beziehungsweise desto vielseitiger sind die Einsatzmöglichkeiten: Mein Cube wird so zum Beispiel oft als Buchstütze auf Regalen verwendet und auch der Kinderwaschtisch kann problemlos als Beistelltisch eingesetzt werden.

Ich verwende ausschließlich natürliche Materialien, so dass alle meine Möbel recyclebar sind.

Dadurch, dass sich der Start meines Labels ja mehr oder weniger aus einem kreativen Projekt raus entwickelt hat, war auch die Anfangszeit nicht vollständig durchgeplant.

Viel mehr war ich durch die große Nachfrage meines ersten Produktes so im Fluss, dass sich meine Marke und auch mein Logo nach und nach entwickelt haben. Zusätzlich haben mir die Gewinne daraus geholfen die Produktion meiner weiteren Produkte zu finanzieren.

Da ich eine ziemliche Perfektionistin bin, war das für mich der optimale Start. Ich glaube, hätte ich zu Anfang an alles lückenlos durchgeplant, hätte ich nie gestartet. Dazu gibt es übrigens auch ein schönes Zitat, das mir gerade in der Anfangszeit sehr geholfen hat: „Es ist besser, unvollkommen anzupacken, als perfekt zu zögern“ – Thomas Alva Edisson.

Mit meinen größten Herausforderungen in der Gründungszeit bin ich eigentlich auch jetzt immer mal wieder konfrontiert: Profis zu finden, die die Sachen umsetzten, die man braucht und nicht selbst kann.

Zu Anfang stand ich zum Beispiel vor dem Problem mein Business zu digitalisieren. Das heißt meine zuvor von Hand gefertigten Messlatten auf ein digitales System umzustellen, bei dem meine Kund:innen diese selbst konfigurieren können. Dazu brauchte ich nicht nur eine geeignete Informatikerin, sondern eben auch jemanden der zusätzlich dazu meine Marke versteht. Gerade anfangs fiel es mir dabei auch schwer das Preis-/Leistungsverhältnis solcher Expert:innen abzuschätzen.

Mittlerweile habe ich allerdings auch im Bereich Onlinebusiness viel dazu gelernt und verlasse mich bei neuen Kooperationen stets auf mein Bauchgefühl.

Besonders vor Corona war ich sehr aktiv bei Bühnenveranstaltungen oder auch Vorträgen an Schulen im Rahmen von Start-up BW. Mein Ziel ist es vor allem junge Frauen für technische Fächer zu motivieren – ich habe ja selbst an einer technischen Universität studiert.

Ich erzähle aber auch immer wieder gerne meine Gründungsgeschichte um darauf aufmerksam zu machen, dass sich Firmengründung und Mutter sein nicht ausschließen! Es gibt diverse Anträge auf dem Amt um den eigenen Ausfall als Firmengründerin finanziell abzudecken. Und auch als Gründerin bekommt man Elterngeld.

Für mich hätte es damals viel abgekürzt, wenn ich solche Informationen gehabt hätte, denn gerade auf Ämter ist es immer noch ein Sonderfall, wenn Frauen mit Kind gründen. Es gibt dazu beispielsweise keinerlei Infobroschüren. Das ist eine echte Informations-Lücke!

1: Konzentration auf seine Kernkompetenz: Aufgaben, die man nicht beherrscht beziehungsweise einem nicht liegen wie etwa rechtliches oder Steuersachen sollte man von Anfang an auslagern.

2: Fokus auf Umsatzsteigerung: Man sollte sich gleich zu Anfang fragen: Wo kann ich mein Kapital rausziehen und wie kann ich mich finanzieren?

3: Strukturierte Organisation: Mir hilft es beispielsweise meine Tage und Wochen in Mind-Maps einzuteilen und dann Schritt für Schritt die vorgeplanten Aufgaben und Deadlines abzuarbeiten. So verliert man sich nicht in Gedanken. Gleichzeitig ist es natürlich auch wichtig sich Zeiträume zu schaffen in denen man es sich erlaubt abzudriften.

4: Durchhaltevermögen: Besonders zu Anfang braucht man einen langen Atem

5: An sich selbst glauben: Gerade im Design ist es wichtig an seine Entwürfe zu glauben und selbstbewusst dahinterzustehen. Nur so kann man sie überzeugend nach außen tragen und verkaufen.

6. Vernetzen: Auch der Austausch und die gegenseitige Unterstützung mit anderen Designerinnen sind essentiell. Ich fahre beispielsweise mit dem Frauennetzwerk Women in Furniture Ende März auf die Maison & Objet Paris.

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